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DEBATTEN
DER POLITISCHEN BILDUNG
Verordnetes Vergessen und „dritte Schuld“: Der erinnerungskulturelle Umbau in der Post-DDR
In Ihren Arbeiten erforscht Dr.in Yana Milev eine Assimilationspolitik, welche durch die Bundesbehörden und zeithistorischen Institute sowie durch die Gedenkstättenarbeit im Beitrittsgebiet ab 1990 durchgesetzt wurde. Hierbei wurden, so Milev, die bundesdeutschen Geschichtsnarrative in die politische Bildung im Beitrittsgebiet implementiert, die bewusst einer Fehleinschätzung des Staats- und Gesellschaftssystems der DDR Vorschub leisteten. Nach der «ersten Schuld», dem deutschen Angriffskrieg von 1941, dem Unternehmen Barbarossa, dem Rassen- und Vernichtungskrieg in der SU und dem Holocaust; der «zweiten Schuld», der Schlussstrichpolitik der BRD, der schnellen Wiedereingliederung von Hitlers Eliten, der Leugnung von Kollektivschuld, der Leugnung einer CDU-Schattenpolitik in der DDR (Exil-CDU, CDU-Ostbüros) als Teil einer Kalten-Kriegs-Politik und der Leugnung einer Konspiration zur Förderung von intersektionalem Nazigeist in der DDR, liegt nach Milev die „dritte Schuld“ in der Gleichsetzung des „SED-Regimes“ mit dem NS-Regime, in der Gleichsetzung des DDR-Staates mit dem Unrechtsstaat, in der Übertragung der Schablone zur Holocaust-Aufarbeitung „Opfer-Täter-Mitläufer“ auf die DDR-Bevölkerung sowie in einer entsprechenden Assimilationspolitik, welche die Narrative des „Verordneten Vergessens“ und der „Demokratieerziehung“, auch „Demokratisierung“ vermittels der politischen Bildung im Beitrittsgebiet durchsetzte.
→ Inhalt
Neben der Auszählung der Flüchtlinge aus Massenfluchten und Ausreisen ab 1989, der Verifizierung von „Tätern“ (SED, MfS) und „Opfern“, sind „Mitläufer“ die Mehrheit der damaligen DDR-Bevölkerung gewesen. Diese Mehrheit der „Mitläufer“ wird in der vorliegenden Ausarbeitung auf 8 bis 10 Millionen bemessen, die von nun an in einem Radikalumbau aus Erinnerungs- und Wissenskultur, aus Identifikation und Zugehörigkeit, entkoppelt werden. Die neue Erklärungsmacht der Medien vermittelt das Wissen, was fortan Gesamtdeutschland bestimmen wird: Die DDR war ein totalitäres Regime, das mit dem NS-Regime verglichen und sogar gleichgesetzt werden muss.
"In dem Geschichtskonstrukt der Gleichsetzung taucht kein einziges Mal das unerhörte Unrecht auf, dessen sich das NS-Regime in einem beispiellosen Rassen- und Vernichtungskrieg in der Sowjetunion 1941 bis 1945 schuldig gemacht hat. "
Dr.in Yana Milev
So wird die Existenz der SBZ und die Entstehung der DDR aus der SBZ wie ein Angriff des Ostens auf den Westen dargestellt, ein willkürlicher Angriff Stalins auf Deutschland, durch «Stalins langen Arm» herbeigeführt, den die Medien 70 Jahre später zu «Putins langen Arm», der nach Europa greift, umschreiben. Das zur Bemäntelung der westalliierten und westdeutschen Kriegswirtschaft dienliche Narrativ ist den Medien damals wie heute willkommen. In der Rhetorik (Propaganda) hat sich da nichts geändert.
Interessegeleitete Unrechtsstaatsthese und Totalitarismusdoktrin
"Im Westsektor wurde vergleichsweise eine Entnazifizierung und eine Enteignung weniger konsequent ausgeführt [...] In der SBZ, in der Entnazifizierung und Enteignungen tiefgreifenden Charakter hatten, kam es zu Tribunalen, Zuchthaus- und Todesstrafen und zu Lagerinhaftierungen, die heute der DDR als Terror angelastet werden und den totalitären Regimecharakter belegen. "
Dr.in Yana Milev
„In der Sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR waren die Hauptakteure noch nicht das 1950 gegründete Ministerium für Staatssicherheit bzw. seine Vorläufer beteiligt, sondern sowjetische Geheimpolizei12. Obgleich antifaschistisch legitimiert, schloss das sowjetische Vorgehen in der SBZ unmittelbar an die Eroberungstechniken im Baltikum und Ostpolen 1939 bis 1941 sowie in ganz Osteuropa ab 1944 an. Hierzu zählte die Tötungsgewalt als unmittelbar gesellschaftlich wirksamer Faktor, die sich im Falle der DDR verbindet mit den Speziallagern mit 189.000 Häftlingen, von denen rund ein Drittel, also etwa 63.000, starben sowie im Volksmund berüchtigten „GPU-Kellern“ und den Militärtribunalen, die bis 1955 mindestens 1.200 Todesurteile gegen deutsche Zivilisten vollstrecken ließen. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Todesfällen in sowjetischen Gefängnissen und Arbeitslagern13.»14
„Yana Milev zitiert einen Text von mir, in dem ich für die DDR-Geschichte zwischen einer Phase der „administrativ-terroristischen Machtdurchsetzung bis 1956“ und einer darauffolgenden poststalinistischen Phase unterscheide. Sie schreibt dann: „Damit wird der DDR das Terror-Paradigma zugeschrieben, welches eine totalitäre Diktatur nach Arendt charakterisiert und in neuen Formaten der Totalitarismus- und Diktaturenforschung repetitiv etabliert. […] Mit der Gleichsetzung der „DDR-Diktatur“ mit der NS-Diktatur wird der Nationalsozialismus und seine Akteure ein weiteres Mal, nach den Verjährungs- und Wiedereingliederungsbeschlüssen des Bundestages von 1965, bagatellisiert, seine Folgen und Opfer relativiert und anderen übertragen.“
Hierzu stelle ich fest: Mit keinem Wort habe ich die DDR-Diktatur mit der NS-Diktatur und ihren Verbrechen gleichgesetzt und den Nationalsozialismus bagatellisiert, seine Opfer relativiert und anderen übertragen, weder in dem von ihr zitierten Text noch anderswo. Ich bin vielmehr strikt dagegen, Opfer politischer Regime gegeneinander aufzurechnen. Ich habe auch nicht „der DDR“ ein „Terror-Paradigma“ zugeschrieben (was immer das sein mag), sondern gerade zwei Phasen unterschieden und nur für die erste von einer terroristischen, also auf massive Gewalt setzende Machtdurchsetzungsstrategie der sowjetischen und deutschen Kommunisten gesprochen. Für die zweite Phase halte ich die Begriffe „terroristisch“ und „totalitär“ für falsch, wie übrigens auch die von Yana Milev geschmähte Hannah Arendt. Mit der offenbar von Frau Milev vertretenen These, Stalin habe in der DDR und anderswo keinen Terror angewandt oder dieser sei durch den Kampf gegen den Nationalsozialismus gerechtfertigt, steht sie allein, selbst in der Szene von Verteidigern der DDR, für die sie spricht.
Um nicht in die Nähe einer solchen Gleichsetzung zu kommen, verwende ich auch nicht, wie von Frau Milev unterstellt, den Begriff „Unrechtsstaat“ und bin kein Anhänger einer wie auch immer gefassten „Totalitarismusdoktrin“ (obwohl es durchaus Elemente der Totalitarismustheorie gibt, die diskussionswürdig sind).
Jenseits dieser Falschbehauptungen über mich enthält der Text eine solche krasse Fülle von offenkundigem verschwörungstheoretischem Blödsinn (von zahlreichen kuriosen Schreibfehlern abgesehen), dass ich nicht glauben kann, dass dieser Text von einem Portal für politische Bildung publiziert wurde – noch dazu als vermeintlicher Grundlagentext.“
Entsprechend der internationalen Gerichte und Beschlüsse ab 1941, die eine politische Nachkriegsordnung in Europa forderten, gab es keinen anderen Weg als den Entzug der Staatssouveränität, das Nazi-Regime und seine ungeheuerlichen humanitären Entgleisungen, die bis heute noch intergenerativ-traumatisch in den Biografien nachwirken, einzudämmen. Gemessen an den ursprünglichen Vorschlägen der Vereinten Nationen, Deutschland nie wieder in die Staatengemeinschaft aufzunehmen oder dem Plan von General Morgenthau, Deutschland radikal zu deindustrialisieren und zu agrarisieren, waren die Beschlüsse von Jalta, Potsdam und Berlin, die eine Aufteilung Deutschlands unter den vier Kontrollmächten festlegten, wobei jede Kontrollmacht nach eigenem Ermessen Gewalten und Gesellschaft zu bestellen hatte, geradezu eine unangemessene Gnade.
Eine neue Gesellschaftsordnung in Deutschland aufzubauen, die sich komplementär von der kapitalistisch-imperialistischen marktkonformen Gesellschaft unterscheidet, war das Gebot der Zeit. Zumal so gut wie alle NSDAP-Eliten, die Hitler stark machten, trotz dem Auftrag der internationalen Gerichte zur Entnazifizierung und Enteignung, im alliierten Nachkriegsdeutschland das Wirtschaftswunder boomen ließen. Die Nachkriegsmoral im Westen trumpfte mit Ludwig Erhard und dem Marshall-Plan. Die Nachkriegsmoral im Osten versuchte auch zu trumpfen. Sie war der Motor, dem Kapitalismus Paroli zu bieten, der Welt zu zeigen, dass Kapitalismus und Marktwirtschaft durch den Sozialismus überwindbar sind. Sie „trumpfte“ indem sie für Gesamtdeutschland die Reparationen an die Sowjetunion übernahm. Das kleine Land östlich der Elbe wurde demontiert und zur Kasse gebeten, bevor es mit neuen Hochöfen, Stahlwerken und Werften ausgestattet an den Start ging, die sesshafte Kriegswirtschaft im Westen zu übertrumpfen. Die Überwindung des Kapitalismus war ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag. Aus den Weltwirtschaftskrisen, den Inflationen, den Währungsreformen, und den damit im Zusammenhang stehenden Massenarbeitslosigkeiten und sozialen Verwerfungen ist bekannt, dass Kapital- und Finanzmärkte immer wieder durch Krieg gerettet werden. Krieg und Nachkrieg ist das beste Geschäft, the best business, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Deshalb war es das Gebot der Zeit im Osten eine Gesellschafts- und Wirtschaftsreform durchzuführen, die den Krieg dauerhaft unerlässlich macht. Das ist 40 Jahre gelungen. Obwohl heute viele Neubürger*innen diesen Wert für wertlos halten und die Maxime der Kapitalmärkte wie enthemmte neoliberale Demokratie und enthemmte neoliberale Freiheit favorisieren, tragen sie unvermeidlich mit ihrer Geschichtsvergessenheit und narzisstischen Selbstverteidigung auf rhetorisch und intellektuell flachem Niveau (das ist auch das Privileg der Masse) zur weiteren Aufrechterhaltung der deutschen Kriegsschuld an den Russ*innen bei.
Die neue Hybris, die sich mit der Wiedervereinigung etablierte, die u.a. im Verschweigen der historischen Gründe einer politischen Nachkriegsordnung in Europa nach 1945 besteht, ist nicht nur eine Fortsetzung der Präventivkriegspolitik des (Kalten) Kriege mit anderen Mitteln, sondern eine rückwirkende historische Delegitimierung der DDR, deren Existenz im Auftrag einer politischen Nachkriegsordnung stand. Dieses offizielle Verschweigen und Uminterpretieren, ist so ungeheuerlich, dass es den Zweiten Weltkrieg mitsamt seinen Opfern vervielfacht. Der DDR vorzuwerfen, sie hätte,
- gleich dem NS-Regime Verbrechen auf dem Gewissen und sei
- als Diktatur und Regime sogar noch schlimmer gewesen, da sie eine Verlängerung des Stalinismus und Bolschewismus in activa auf deutschem Boden war,
ist ein nachträglicher Rufmord an allen Opfern, sowie an Überlebenden des Holocaust, Überlebenden der KZs, weiterhin an allen, die gegen Kapitalismus und Marktliberalismus, der einen solchen Krieg erst hervorbrachte, in der DDR angetreten sind.
Kurze Zusammenfassung:
Der erinnerungskulturelle Umbau ist ein wissenssoziologischer Umbau der sich nach 1989/90 in der (ost)deutschen Gesellschaft vollzieht. Hier wird die DDR herabgesetzt und in Gegenübertragungen der NS-Schuld bezichtigt. So wird unter dem Schirm einer neuen Politik europäischen Kulturerbes dieses spezifische Geschichtswissen gelöscht und von Totalitarismus- und Diktaturenforschung beider deutscher Diktaturen ausgebaut und als Wissensvermittlung in Schulen, Museen, Gedenkstätten etc. verbreitet.
Hanka Rosenkranz, Lehrerin für Geschichte an der Hagenberg-Sekundarschule Gernrode und Gedenkstättenlehrerin für die Stiftung Gedenkstätten Sachsen- Anhalt, beschreibt ein Seminar zum Thema „Unrechtssystem in Deutschland“, das in der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn vom 1. bis 4. November 2011 stattfand:
„Der nationalsozialistische Vernichtungskrieg führte zur bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches und zur Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen und 1949 zur Gründung zweier deutscher Staaten mit unterschiedlichen Wirtschafts- und Gesellschaftssystemen. Damit sind wir am Ausgangspunkt des zweiten Teils des Seminars „Unrechtssysteme in Deutschland“ in der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Mit dem Ausbau des politischen und ideologischen Totalitätsanspruchs der SED-Führung kam es zum Wegbrechen demokratischer Strukturen in der DDR; keine freien Wahlen, keine Meinungsfreiheit, kein Recht auf Freizügigkeit, keine Rechtssicherheit, Zensur von Presse und Kultureinrichtungen, die Normierung jugendkultureller Aktivitäten zur Durchsetzung eines absoluten Gesellschaftsbildes. Das Fordern von Grundrechten und das Überschreiten der vorgegebenen gesellschaftlichen Normen, die in den Geschichtsphasen der DDR unterschiedlich eng interpretiert wurden, führten zu Sanktionen für die Betroffenen, ohne dass diesen der Grund immer bewusstwurde. Anhand von vier verschiedenen Biografien zwischen 1950 und 1980 sind den Jugendlichen Lebenspläne und deren Versuch sie auszuleben vorgestellt worden sowie deren Sanktionierung und die Folgen für ihren weiteren Lebensweg.22
"Schulbildung sollte heute vor allem eine Aufklärung über die Strategien der Dekonstruktion, der Dementierung und der Gegenübertragung von Kollektivschuld aus dem Zweiten Weltkrieg beinhalten."
Dr.in Yana Milev
2. Diagnose: Erinnerungskultureller Umbau als Schockstrategie
"Eine schier unerschöpfliche Galerie an Filmen und Literatur, in den Schulen seit der Grundstufe Lehrstoff, wie auch Wandertage in die KZ’s auf DDR-Gebiet wie Buchenwald, gehörten zum Standard einer frühen politischen Bildung. Leider war diese politische Bildung auf einem Auge blind denn sie lagerte den Faschismus als militante Endform des aggressiven Finanz- und Industriekapitals in den Westen aus."
Dr.in Yana Milev
Dass die immer noch aufrechterhaltene Tabuisierung der Kriegsopfer des Wehrmachtskrieges im Ostland beyond the line eingedenk der militärischen Opfer aus der Gegenoffensive, nun auch im Beitrittsgebiet verbreitet wird, ist ein nicht hinzunehmendes vereinigungsbedingtes Unrecht. Gerade das Beitrittsgebiet, die damalige DDR, hatte hier in ihrer Geschichtsbildung weniger Lücken aufzuweisen gehabt, als die alte und neue BRD. Entsprechend formulierte der Soziologe Wolfgang Engler, dass die „Ostdeutschen“, im Gegensatz zu den „Westdeutschen“ dauerhaft mit der moralischen Schuld an den „Russen“ zu leben erzogen wurden33. Eine schier unerschöpfliche Galerie an Filmen und Literatur, in den Schulen seit der Grundstufe Lehrstoff, wie auch Wandertage in die KZ’s auf DDR-Gebiet wie Buchenwald, gehörten zum Standard einer frühen politischen Bildung. Leider war diese politische Bildung auf einem Auge blind denn sie lagerte den Faschismus als militante Endform des aggressiven Finanz- und Industriekapitals in den Westen aus. Die DDR, der andere deutsche Staat, wurde hingegen mit Kulturrevolution, Planwirtschaft und Privilegienbruch erneuert. Auch wenn in der DDR nach der Entnazifizierung vergleichsweise wenig Personal mit NS-Vergangenheit in Verwaltung, Eliten oder Justiz registriert waren – in der BRD waren mehr als 70% – lebte der Nazigeist auch hier in der Privatsphäre weiter. Nicht selten wurde er von den Großvätern auf die Enkel übertragen. Die „Wiedervereinigung“ war für viele Ältere eine „Erlösung“ aus dem „DDR-Gefängnis“. Sie wurden zu Zahlungsempfängern von Renten für Wehrmachtsangehörige aller Chargen. Dieses Versäumnis hatte sich schon in der Wendezeit bitter gerächt. Die Nachhut dieser Großväter ließ sich schnell und problemlos von „rechten Produkten“ einfangen.
Vom medialen Narrativ zur Kollektivscham?
3. Krise: Die repetitive Transformation der deutschen und EU-Eliten
Damit wäre der Bogen zwischen der Totalkapitulation des Deutschen Reichs 1945 und der Totalkapitulation der Sowjetunion in Osteuropa mitsamt Auflösung der UdSSR ab 1989/90 in den Blick zu nehmen. Innerhalb von 45 Jahren gelang schließlich dem Westen der Sieg über «Ostdeutschland» und den «Ostblock». Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln, so Carl von Clausewitz, und hierzu gehört auch die Umschreibung von Regierungskonzepten von revanchistisch auf demokratisch. Die Kohl’sche geistig-moralische Wende die nun in den sozialen Feldern des Beitrittsgebiets bevorstand, war die demokratische Wende eines radikalen Marktliberalismus. Der Osten war mit der «sozialen Marktwirtschaft» aufgekauft.
Gesprächsreihe „Transformation“ der Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf
Die Kulturstiftung Schloss Wiepersdorf legt im Jahr 2021 einen Schwerpunkt auf das Thema ‚Transformation‘. Ausgehend von Prozessen, die im Kontext der Wiedervereinigung Deutschlands stehen, sollen des Weiteren Transformationsprozesse auch auf anderen Feldern und in anderen Ländern betrachtet werden und dabei die Erfahrungen der internationalen StipendiatInnen des Residenzprogramms in die Debatten einfließen. Ein Gespräch mit Dr.in Yana Milev und Thomas Krüger, dem Leiter der Bundeszentrale für politische Bildung.
Quelle: https://schloss-wiepersdorf.de/de/audiovisualreader/transformation-2.html
«Die Truppen der I. Bjelorussischen Front, unter dem Befehl des Marschalls er Sowjetunion Schukow, haben im Zusammenwirken mit den Truppen der I. Ukrainischen Front, unter dem Befehl des Marschalls der Sowjetunion Konjew, nach hartnäckigen Straßenkämpfen die Zerschmetterung der deutschen Heeresgruppen in Berlin vollendet und heute, am 2. Mai, Berlin, die Hauptstadt Deutschlands, das Zentrum des deutschen Imperialismus und den Herd der deutschen Aggression, vollständig besetzt. […] Die Berliner Garnison, die die Stadt verteidigte, hat heute um 15 Uhr (Moskauer Zeit) mit dem Leiter der Verteidigung Berlins, General der Artillerie Weidling, und seinem Stab an der Spitze den Widerstand eingestellt, die Waffen niedergelegt und sich gefangengegeben. Bis 21 Uhr sind von unseren Truppen in Berlin mehr als 70.000 deutsche Soldaten und Offiziere gefangen genommen worden. […]»
"«Der Kern des Nationalsozialismus zeigte sich im Völkermord an den europäischen Juden». Dieser Satz entspricht nur einer Seite der Wahrheit. Denn der Kern des Nationalsozialismus zeigte sich im Völkermord an den Völkern der Sowjetunion, die im gezielten Rassen- und Vernichtungskrieg die grösste Opferzahl im Zweiten Weltkrieg zu beklagen hat."
Dr.in Yana Milev
Sowohl die besondere Rolle der Roten Armee bei der Kapitulation der Wehrmacht, des NS-Regimes und des Deutschen Reichs durch die Einnahme der Reichshauptstadt Berlin, wie auch die besonders hohe Opferzahl die das «Unternehmen Barbarossa», der deutsche Rassen- und Vernichtungskrieg in der Sowjetunion forderte, wie auch die besondere Rolle bei der Einnahme von Berlin und der SBZ, die in den Plänen der Anti-Hitler-Koalition ihren Ausgang hat, wie auch die besondere Leistung der Roten Armee bei der Zerschlagung der Wehrmacht und des deutschen Heeres mit Beginn der Schlacht bei Stalingrad (und nicht seit der Landung der Amerikaner in der Normandie), das alles wurde in der politischen Bildung und im öffentlichen Gedenken seit der «Wiedervereinigung» über viele Jahre ausgelassen, bagatellisiert oder kriminalisiert.
Die DDR war eben nicht die Notgeburt aus einer durch den stalinistischen Terror legitimierten Usurpation, wie es im Westen hieß, sondern sie war der bewusste Schritt in eine sozialistische Gesellschaftsordnung, die unabhängig von Kapitalismus und Marktwirtschaft, das heisst von Kriegswirtschaft, existieren sollte. Damit war die DDR die konkrete historische Alternative zu einer Kriegswirtschaft der BRD.
„Kaum jemand behauptet heute noch, 1945 habe es in Deutschland eine ‚Stunde Null’ gegeben. Doch wie groß war die personelle Kontinuität in den Führungseliten tatsächlich? Im Gegensatz zu den politischen Spitzen des Nationalsozialismus konnten fast alle Unternehmer, Juristen, Journalisten, Militärs und Mediziner, die dem Regime in wichtigen Positionen gedient hatte, ihre Karrieren in der Bundesrepublik fortsetzen.“67Denn die ‚Stunde Null’, den Zusammenbruch des Dritten Reichs, empfanden die meisten Deutschen „nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8. und 9. Mai 1945 als Schande und Niederlage.“68 Zu dieser politischen Schande Deutschlands gehört zweifelsohne aus der Sicht des Westens die Existenz der SBZ/DDR. Mit der Wiedervereinigung von 1990 sollte das Makel endlich überwunden werden, indem unablässig an der Erfolgsgeschichte des Rechtsstaats BRD der den Unrechtsstaat DDR überwältigte, gestrickt wurde. Und indem die Spuren jenes Unrechtsstaates restlos getilgt wurden, wozu eben auch erinnerungskulturelle Säuberungen zählen. Eine aufschlussreiche Analyse der aktuellen (Wieder-)Entdeckung und Übertragung des Unrechtsstaatsbegriffs ab 1990 für die DDR zu Gunsten einer Rechtsstaatsaufwertung in der BRD findet sich bei dem Historiker David Johst.69
4. Konklusion: Deutschland wird seiner europäischen Friedensverantwortung nicht gerecht
Dr.in Yana Milev
PD Dr. phil. habil. Yana Milev ist habilitierte Soziologin sowie Ethnografin, Kuratorin und Publizistin. 2008 promovierte sie zu den Themen des Krieges und des Ausnahmezustands im 21. Jahrhundert. 2009 wird sie assoziierte Forscherin am Seminar für Soziologie (SfS) der Universität St. Gallen (HSG). Von 2013 bis 2019 war sie Projektleiterin am ICS der ZHdK Zürich. 2017 gründet Milev die unabhängige Plattform AGIO | Gesellschaftsanalyse + Politische Bildung. Sie ist Initiatorin und Leiterin des Forschungsprojekts „Entkoppelte Gesellschaft - Ostdeutschland seit 1989/90. Ein soziologisches Laboratorium“ das auf mehrere Bände angelegt ist, die von Peter Lang Internationaler Wissenschaftsverlag Bern und Berlin publiziert werden. Milev ist in der Schweiz niedergelassen und lebt in St. Gallen und Berlin.
1 Amnestisches Syndrom, Korsakow-Syndrom, Spektrum, https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/korsakow-syndrom/6736, Stand vom 06. Februar 2021 [↩]
2 Vgl. Peter Gosztony, der Kampf um Berlin 1945 in Augenzeugenberichten, Motorenbuch Verlag, Stuttgart, 2012, S. 392. [↩]
3 Ernst Nolte, Marxismus und Nationalsozialismus, URL: http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1983_3_2_nolte.pdf, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
4 Carl J. Friedrich, Zbigniew K. Brzezinski, Totalitarian Dictorship and Autocracy, Cambridge/Mass. 1956 (Totalitäre Diktatur, Stuttgart 1957). [↩]
5 Waldemar Gurian, Der Bolschewismus, Freiburg i. Br. 1931, S. VI f. Vgl. Heinz Hürten, Waldemar Gurian und die Entfaltung des Totalitarismusbegriffs, in: H. Maier (Anm. 1), S. 59 – 70. [↩]
6 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totalitärer Herrschaft, Pieper, München und Zürich, 1986. [↩]
7 Hermann Heller, Europa und der Faschismus, Berlin 1929, Neudruck: Gesammelte Schriften, Bd. 2, Leiden 1971, S. 463 – 609, hier S. 515. [↩]
8 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge Totaler Herrschaft, Pieper, München und Zürich, 1986, S. 475. [↩]
9 „Adenauer weiß: Mit der Remilitarisierung wird Westdeutschland vom Kriegsgegner zum Bündnispartner – und einen solchen brauchen die West-Alliierten im beginnenden Kalten Krieg. Die Wiederbewaffnung wird von den Besatzungsmächten deshalb ebenfalls gewollt.“, in: Stichtag. 31. Januar 1951: Alliierte begnadigen deutsche Kriegsverbrecher, WDR, 31.01.2006, In: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag2282.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
10 NSA-Affäre. Spionage in Deutschland, Dossier, 2020, Zeit Online, https://www.zeit.de/thema/nsa-affaere, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
10 Stichtag. 31. Januar 1951: Alliierte begnadigen deutsche Kriegsverbrecher, WDR, 31.01.2006, In: https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag2282.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
11 NSA-Affäre. Spionage in Deutschland, Dossier, 2020, Zeit Online, https://www.zeit.de/thema/nsa-affaere, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
12 Jan Foitzik, Nikita W. Pwtrow (Hg.), Die sowjetischen Geheimdienste in der SBZ/DDR von 1945-1953, Berlin, 2009. [↩]
13 Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher (Hg.), Speziallager in der SBZ. Gedenkstätten mit doppelter Vergangenheit, Berlin, 1999; ausführlicher: Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander von Plato (Hg.), Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950, 2 Bde., Berlin, 1998. [↩]
14 Jens Gieseke, Auf dem Wege zu einer Gesellschaftsgeschichte der Repression in der DDR, in: Erinnern! Aufgabe, Chance, Herausforderung, Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, Magdeburg, 2012, S. 4, In: https://stgs.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/STGS/Rundbriefe_Erinnern/Rundbrief_2012_1_Internet__2_.pdf, Stand vom 01.Februar 2021. [↩]
15 General-Amnestie. Großmutters Grundsätze, Der Spiegel, 23.12.1959, In: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42623608.htm, Stand vom 01.Februar 2021. [↩]
16 Hans Globke war Jurist, Beamter – und während der Nazi-Diktatur Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze. Nach Gründung der Bundesrepublik wurde Hans Globke von Bundeskanzler Adenauer zum „zweiten Mann im Staate“ berufen. „Das erste Gesetz, das im Bundestag verabschiedet wurde, war 1950 das Amnestie-Gesetz für NS-Täter! Als Chef des Bundeskanzleramts ebnete Globke der Organisation Gehlen die sich prominent aus ehemaliger SA und SS zusammensetzte, den Weg, vgl. Milev, Exil, S. 292. [↩]
17 General-Amnestie. Großmutters Grundsätze, Der Spiegel, 23.12.1959, In: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42623608.htm, Stand vom 01.Februar 2021. [↩]
18 25. März 1965 – Bundestag verabschiedet Verjährungsgesetz, WDR, https://www1.wdr.de/stichtag/stichtag-verjaehrungsgesetz-mord-totschlag-100~_mon-012020.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
19 Gesetz über das Ruhen der Verjährung bei SED-Unrechtstaten vom 26.03.1993, (VerjährungsG), In: https://dejure.org/BGBl/1993/BGBl._I_S._392, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
20 Bundesstiftung Aufarbeitung, Strafrechtliche Verfolgung von SED-Unrecht, In: https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/erinnern/opfer-und-betroffene/juristische-aufarbeitung/strafrechtliche-verfolgung#:~:text=Strafrechtliche%20Verfolgung%20von%20SED-Unrecht%20Die%20strafrechtliche%20Verfolgung%20von,26.%20März%201993%2C%20BGBl.%20I%2C%20S.%20392%20geregelt, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
21 Als Dissident*innen gelten nach Hubertus Knabe „Regime-Gegner“, also jene, die bis 1989 per Ausreisantrag die DDR verlassen haben, ausgebürgert wurden, in DDR-Gefängnissen inhaftiert waren, oder die Flucht antraten. [↩]
22, 23 Hanka Rosenkranz, Eine lehrreiche Tradition – 10 Jahre Seminar „Unrechtssysteme in Deutschland“ in der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn vom 1. bis 4. November 2011, in: in: Erinnern! Aufgabe, Chance, Herausforderung, Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, Magdeburg, 2012. [↩]
24 Springer, Burda, Bauer, Bertelsmann, Gruner + Jahr. [↩]
25 Jens Gieseke, Auf dem Wege zu einer Gesellschaftsgeschichte der Repression in der DDR, in: Erinnern! Aufgabe, Chance, Herausforderung, Stiftung Gedenkstätten Sachsen-Anhalt, Magdeburg, 2012; S.3. [↩]
26 Andreas Strippel, 7. November 2014, URL: https://publikative.org/2014/11/07/deutschland-zwischen-rechts-und-unrechtsstaat/, Stand von 02. Februar 2021. [↩]
27 Peter Jahn, 27 Millionen, Zeit Online, 14. Juni 20078, In: https://www.zeit.de/2007/25/27-Millionen-Tote, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
29 Friedrich Schorlemmer, Meinst du, die Russen wollen Krieg? Gedanken zur Präsenz der Sowjetarmee in der DDR und zum heutigen Verhältnis zu Russland, in: Joachim Liebe, Vergessene Sieger. Jahre danach, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 2015, S. 67ff. [↩]
30, 31 Boris V. Sokolov belegt 27 Millionen getötete Rotarmisten, vgl. Ders., Unwiederbringliche Verluste der Roten Armee und der Wehrmacht 1939-1945, Beitrag zur Internationalen Fachtagung „Gefallen -Gefangen – Begraben. Zahle und Fakten zu sowjetischen und deutschen Opfern des Zweiten Weltkrieges“, 6./7. Juli 2010, Dresden, S. 14, In: www.stsg.de/cms/sites/default/files/dateien/texte/Sokolov_de.pdf, Stand vom 20. Mai 2020. [↩]
32 Im Allgemeinen wurde die Rede von 27 Millionen sowjetischen Kriegstoten, zivilen und militärischen, üblich, vgl. Peter Jahn, 27 Millionen, Zeit Online, 14. Juni 2007, In: www.zeit.de/2007/25/27-Millionen-Tote, Stand vom 6. Juni 2020; vgl. Jörg Morré, 75 Jahre „Unternehmen Barbarossa“. Russlandfeldzug war „der Beginn des Holocausts“, Deutschlandfunk Kultur, 21.06.2016, In: www.deutschlandfunkkultur.de/75-jahre-unternehmen-barbarossa-russlandfeldzug-war-der.1008.de.html?dram:article_id=357807, Stand vom 6. Juni 2020. Dem gegenüber stehen Berechnungen mit über 40 Millionen zivilen und militärischen Opfern. Vgl. Boris V. Sokolov, Unwiederbringliche Verluste der Roten Armee und der Wehrmacht 1939-1945 … a.a.O., S. 21, In: www.stsg.de/cms/sites/default/files/dateien/texte/Sokolov_de.pdf, Stand vom 20. Mai 2020; vgl.Berthold Seewald, Wie die hohen Verluste der Roten Armee entstanden, in: Die Welt, 08.05.2015, In: www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article140655354/Wie-die-hohen-Verluste-der-Roten-Armee-entstanden.html, Stand vom 6. Juni 2020. Vgl. ausführliche Behandlung der Opfer „beyond the line“ in: Verjährung und Schuld-Übertragung, Yana Milev, Entkoppelte Gesellschaft – Ostdeutschland seit 1989/90, Band 1: Anschluss, Peter Lang, Berlin, 2019, S. 98-107. [↩]
33 «Die fragwürdige Auszeichnung, den größten Teil der Zeche zu bezahlen, assoziierte sich das nicht minder zweifelhafte Privileg, sich auch noch vollständig umkrempeln und für die moralischen Schulden einstehen zu müssen. Auch das gehört zum ostdeutschen Sonderbewußtsein nach dem Krieg.», in: Wolfgang Engler, Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land, Aufbau Verlag, Berlin, 2000, S. 31-31. [↩]
34 Bei ihrem Gipfel schärfte die NATO vor allem ihr “Feindbild Russland“. Beschlossen wurde unter anderem eine zusätzliche Initiative, laut der binnen 30 Tagen große Einsatzverbände verlegbar sind. Darüber hinaus lud die NATO Mazedonien zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ein. Am Montag will sich Trump mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Helsinki treffen., in: Das Feindbild heisst Russland, Neues Deutschland, 13.07.2018, In: www.neues-deutschland.de/artikel/1094148.das-feindbild-heisst-russland.html, Stand vom 24. April 2020. [↩]
35 Thomas Oppermann, Russland ist nicht unser Feind, FAZ.net, 28.05.2018, In: www.faz.net/aktuell/politik/vor-wm-oppermann-wirbt-fuer-annaeherung-an-russland-15610253.htm, Stand vom 24. April 2020. [↩]
36 Johannes Voswinkel, Wladimir Putin. Der isolierte Brandstifter, Zeit Online, 29. Juli 2014, In: https://www.zeit.de/politik/ausland/2014-07/wladimir-putin-kritik-ukraine, Stand vom 24. April 2020. [↩]
37 Hendrik Loven, Sabina Wolf, Putins langer Arm in Europa, BR, 08.03.2015, In: https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/euroblick/putin-parteien-europa-100.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
38 Russland sucht die Konfrontation mit dem Westen, Interview mit Golineh Atai, Rowohlt, 11.06.2019, In: www.rowohlt.de/news/golineh-atai-die-wahrheit-ist-der-feind, Stand vom 24. April 2020. [↩]
39 Titel, Der gefährliche Nachbar. Wladimir Putin und die Ohnmacht des Westens, Der Spiegel Nr. 34/2008, 18.08.2008. [↩]
40 Hillary Clinton tries to fix Putin-Hitler comparison, Reuters, 06. März 2014, In: https://www.businessinsider.com/r-hillary-clinton-tries-to-fix-putin-hitler-comparison-2014-05?r=DE&IR=T, Stand vom 02. Januar 2021. [↩]
41 Rolf Steininger, Waffenlieferant für die ganze Welt?, FAZ, 09.03.2015, URL: http://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/anfaenge-der-aera-kohl-waffenlieferant-fuer-die-ganze-welt-13464176.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
42 Der Ursprung des Satzes „Nie wieder Krieg!“ ist das Plakat von Käte Kollwitz von 1924, das auf dem Mitteldeutschen Jugendtag in Leipzig (2.- 4. August 1924) publik gemacht und von da an populär wurde. Der Satz galt in der DDR als Losung und hatte im gesellschaftlichen „Kampf gegen Imperialismus und Faschismus“ eine wichtige Rolle gespielt. Seine Verwendung wird weiterhin Willy Brandt zugeschrieben und auch Oskar Lafontaine. „Willy Brandt hat oft gesagt: Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen. Dieser Satz gilt, und er steht vor dem Hintergrund der deutschen und europäischen Geschichte dieses Jahrhunderts, vor allem der Zeit von 1933 bis 1945. Der deutsche Patriot und Weltbürger Willy Brandt hat doch nicht geglaubt, wir Deutschen seien gewalttätiger veranlagt und damit ein größeres Risiko für den Frieden als andere. Selbstanklage und kollektive Schuldgefühle lagen ihm fern. Er wollte vielmehr die Erinnerung daran wachhalten, daß aus den schrecklichen Erfahrungen, die wir Deutsche mit uns selber und die unsere Nachbarn mit uns gemacht haben, auch eine besondere politische Verantwortung für den Frieden erwächst.“, in: „Vom deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen“, In: https://de.wikiquote.org/wiki/Diskussion:Willy_Brandt; vgl. Hans Peter Schütz, Der neue Oskar, Stern, 16.06.2007, In: https://www.stern.de/politik/deutschland/kommentar-der-neue-oskar-3268848.html; Oskar Lafontaine hat in seiner Rede auf dem Vereinigungsparteitag von PDS und WASG am 16.06.2007 auf sich selbst als Urheber dieses Satzes verwiesen, In: https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/87951.freiheit-durch-sozialismus.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
43 Als Kohl-Doktrin wird eine außen- und sicherheitspolitische Maxime des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl bezeichnet, die dieser nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes 1989/90 aufstellte. Sie besagte, dass in jenen Ländern, die in der Zeit des Nationalsozialismus von der Wehrmacht besetzt waren, nie mehr deutsche Soldaten präsent sein durften. Dieser Wille zur militärischen Zurückhaltung des wiedervereinigten Deutschlands im beginnenden Jugoslawienkonflikt spiegelte einerseits die historische Belastung Deutschlands durch die Verbrechen der nationalsozialistischen Besatzung wider und entsprach andererseits auch der innenpolitischen Skepsis gegen eine militärische Beteiligung Deutschlands. Bei den NATO-Partnern Deutschlands stieß diese Position auf Unverständnis und brachte der Bundesrepublik den Vorwurf des sicherheitspolitischen „Trittbrettfahrens“ ein, In: https://de.wikipedia.org/wiki/Kohl-Doktrin, Stand vom 7.2.2017. [↩]
44 Deutschland ist weltweit drittgrößter Waffenexporteur, 13.6.2016, In: http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-06/ruestungsindustrie-waffenexporte-deutschland-drittgroesster-waffenexporteur, Stand vom 7.2.2017. [↩]
45 Deutschland ist weltweit drittgrößter Waffenexporteur, 13.6.2016, In: http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-06/ruestungsindustrie-waffenexporte-deutschland-drittgroesster-waffenexporteur, Stand vom 7.2.2017. [↩]
46 Norbert Frei, Hitler Eliten nach 1945, dtv Verlagsgesellschaft, München, 2003. [↩]
47 Dieses Wort fiel zum ersten Mal im Dezember 1949 bei einer Ansprache vor der „Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit“, d. Verf.; vgl. Claudia Heß, Kriegsende und Erinnerungskultur in Frankreich und der BRD. Politische Reden und Presseberichterstattung zum 8. Mai 1945, Saarbrücken, 2015, S. 106, In: https://publikationen.sulb.uni-saarland.de/bitstream/20.500.11880/28517/1/Dissertation_Heß_Abgabeversion%20fuer%20Scidoc.pdf, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
48 Ralph Giordano, Die Zweite Schuld. Oder von der Last, Deutscher zu sein, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2000. [↩]
49 Die von mir in der Forschung „Entkoppelte Gesellschaft“ untersuchte dritte Schuld bezieht sich auf das „Verordnete Vergessen“, das als Assimilationspolitik durch die Bundesbehörden („Stiftung Aufarbeitung“, „Gauck-Behörde“) sowie durch die zeithistorischen Institute ( ZZF, Leibnitz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam; das HAIT TU Dresden, Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, TU Dresden; das Institut für Soziologie der FSU Jena und andere) im Beitrittsgebiet ab 1990 durchgesetzt wurde. Hierbei wurden neue Geschichtsnarrative der politische Bildung im Beitrittsgebiet verordnet, die einer Überbewertung des Holocaust stattgaben, was nach Katrin Pieper auch als „Musealisierung des Holocaust“ bezeichnet wird, während die mehrfach höhere Opferzahl durch Rassen- und Vernichtungskrieg in der Sowjetunion und die besondere Rolle der Roten Armee bei der Zurückschlagung der Wehrmacht bis nach Berlin, nicht zugelassen und sogar diskreditiert wird. Die erste Schuld liegt im deutschen Angriffskrieg von 1941, dem Unternehmen Barbarossa, dem Holocaust. Die zweite Schuld liegt in der Schlussstrichpolitik der BRD, schnelle Wiedereingliederung von Hitler Eliten, Leugnung von Kollektivschuld und gleichzeitig der Leugnung von Nazigeist in der DDR. Die dritte Schuld liegt in der Gleichsetzung des „SED-Regimes“ mit dem NS-Regimes sowie in einer entsprechenden Assimilationspolitik, die das Narrativ des verordneten Vergessens (Amnesie) vermittels der politischen Bildung im Beitrittsgebiet durchsetzte. [↩]
50 Johannes Palm, Standorte ausländischer Militärs, Die Zeit, 8. Januar 2020, In: www.zeit.de/zeit-magazin/2020/03/militaer-standorte-usa-grossbritannien-frankreich-deutschlandkarte, Stand vom 6. Juni 2020. [↩]
51 US-Streitkräfte in Deutschland – ein Überblick, MDR Aktuell, 09. August 2019, In: www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/us-streitkraefte-in-deutschland-standorte-100.html, Stand vom 6. Juni 2020. [↩]
52 „Das Immobilienverzeichnis des amerikanischen Verteidigungsministeriums listet allein in Deutschland nicht weniger als 13.326 Gebäude, die dem amerikanischen Militär gehören, von ihm gemietet sind oder genutzt werden“, Bastian Benrath, Das neue Wettrüsten, FAZ.net, 13.02.2019, In: www.faz.net/aktuell/wirtschaft/schneller-schlau/das-neue-wettruesten-stehen-der-welt-schwere-zeiten-bevor-16037745.html, Stand vom 6. Juni 2020. [↩]
53 Fortbestehende rechtliche Verpflichtungen Deutschlands gegenüber den vier Siegermächten, Wissenschaftliche Dienste, Deutscher Bundestag, WD 2 – 3000 – 006/16, In: www.bundestag.de/resource/blob/412792/009ce07cf8e8c4e393a670588a9b05cb/WD-2-006-16-pdf-data.pdf, Stand vom 6. Juni 2020. [↩]
54 Ronald Barazon, Die NATO braucht Russland als Feind, sonst ist sie überflüssig, in: DWN, 30.11.2019, In: deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/501228/Die-NATO-braucht-Russland-als-Feind-sonst-ist-sie-ueberfluessig, Stand vom 24. April 2020. [↩]
55 Völkerrechtssubjekt Deutsches Reich, 30.05.2015, In: https://www.bundestag.de/webarchiv/Presse/hib/2015_06/380964-380964, Stand vom 24. April 2020. [↩]
56 Erich Kuby, Die Russen in Berlin 1945, Der Spiegel, 02.06.1965, In: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46272823.html, Stand vom 24. April 2020. [↩]
57 D-Day ohne Putin, RTL, 08.06.2019, In: https://audiodienst.de/mediathek/89-0-rtl/2019/06/08/d-day-ohne-putin/12107, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
58 Auschwitz-Gedenken ohne russischen Präsidenten Putin, Focus Online, 14.01.2015, In: https://www.focus.de/politik/ausland/geschichte-keine-einladung-putin-verzichtet-auf-auschwitz-gedenken_id_4402562.html, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
59 Die Militärhistoriker Gerd R. Ueberschär und Wolfram Wette betonen, „dass die Opfer der sowjetischen Armee sowie der Stalingrader Zivilbevölkerung wesentlich höher waren als die deutschen Verluste“. Sie gehen von ca. „einer Million Soldaten und einer unbekannten Zahl von Zivilisten“ aus, in: Wolfram Wette, Gerd R. Ueberschär (Hg.): Stalingrad. Mythos und Wirklichkeit einer Schlacht, S. Fischer, Frankfurt am Main 2012, S. 15. Während bei Kriegsausbruch Stalingrad knapp eine halbe Million Einwohner hatte, zählte die Stadt bei der Rückeroberung durch die Rote Armee, so der Historiker Jochen Hellbeck, weniger als 8.000 Einwohner, in: Jochen Hellbeck: Die Stalingrad-Protokolle. Sowjetische Augenzeugen berichten aus der Schlacht. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012, S. 13 und S. 19. [↩]
60 Von 5,7 Millionen starben 3,3 Millionen, in: Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Hamburger Institut für Sozialforschung (Hg.), Hamburger Edition, 1996, S. 126. [↩]
61 Katrin Pieper, Musealisierung des Holocaust: Das Jüdische Museum Berlin und das U.S. Holocaust Memorial in Washington D.C.. Ein Vergleich, Böhlau, Köln, 2006. [↩]
62 Der Historiker Christian Hartmann nennt 2011 die Zahl von 15,2 Millionen getöteten sowjetischen Zivilisten, in: Christian Hartmann: Unternehmen Barbarossa. Der deutsche Krieg im Osten 1941–1945, C.H. Beck, München 2011, S. 115. [↩]
63 Hinzu kommt die Zahl der militärischen Verluste mit 15 bis 25 Millionen Soldaten. Damit hatte die Rote Armee die höchsten Verluste aller Kriegsteilnehmer zu verzeichnen, in: in: Bertold Seewald, Wie die hohen Verlust der Roten Armee entstanden, Die Welt, 08.05.2015, In: https://www.welt.de/geschichte/zweiter-weltkrieg/article140655354/Wie-die-hohen-Verluste-der-Roten-Armee-entstanden.html, Stand vom 11. März 2021; Die nach anderen Berechnungen, wie an anderer Stelle des vorliegenden Artikels hervorgehoben, in den Opferzahlen weit höher liegen, als die Bundesregierung bekannt gibt, vgl. Boris V. Sokolov in vorliegendem Artikel. [↩]
64 Gábor Paál, Holocaust. 6 Millionen ermordete Juden – Woher stammt diese Zahl, SWR. Wissen, 27.01.2020, In: https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/6-millionen-holocaust-opfer-woher-stammt-diese-zahl-100.html, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
65 „Ich fiel auf Leichen“, Spiegel Online, 29.09.2016, In: https://www.spiegel.de/geschichte/massaker-von-babi-jar-ich-fiel-auf-menschliche-leichen-a-1113959.html, Stand vom 06. Februar 2021. NS-Massaker von Bai Jar, Focus Online, 11.10.2016, In: https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/nationalsozialismus/ns-massaker-von-babi-jar-ein-ueberlebender-berichtet-vom-massenmord-in-der-weiberschlucht_id_6004926.html, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
66 Jörg Echternkamp, Krieg und Holocaust, 30.4.2015, Bundeszentrale für politische Bildung, In: https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/der-zweite-weltkrieg/199409/krieg-und-holocaust, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
67 Norbert Frei, Hitlers Eliten nach 1945, dtv Verlagsgesellschaft, 2003 (Innenseite). [↩]
68 Von Hitlers Machtübernahme bis zur Stunde Null, ARD-Chronik, wissen.ARD.de, URL: http://www.ard.de/home/wissen/Nationalsozialismus__Die_Stunde_Null/2023728/index.html. [↩]
69 David Johst, Die Entdeckung des Unrechtsstaates. in: Werner Konitzer (Hg.), Moralisierung des Rechts. Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität, In: Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Fritz Bauer Institut, Frankfurt am Main 2014, S. 127-145. [↩]
70 Heiko Maas, Andreas Wirsching, Keine Politik ohne Geschichte, Spiegel, 17.05.2020, In: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/keine-politik-ohne-geschichte-a-d74deffe-c0f3-4ff7-a6af-dc713e74c6f3, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
71 Peggy Fiebig, Was Juristen aus der Vergangenheit lernen sollten, Deutschlandfunk, 27.11.2020, In: https://www.deutschlandfunk.de/justiz-im-nationalsozialismus-was-juristen-aus-der.680.de.html?dram:article_id=488327, Stand vom 06. Februar 2021. [↩]
72 „Vom deutschem Boden darf nie wieder ein Krieg ausgehen“, In: https://de.wikiquote.org/wiki/Diskussion:Willy_Brandt; vgl. Hans Peter Schütz, Der neue Oskar, Stern, 16.06.2007, In: https://www.stern.de/politik/deutschland/kommentar-der-neue-oskar-3268848.html; Oskar Lafontaine hat in seiner Rede auf dem Vereinigungsparteitag von PDS und WASG am 16.06.2007 auf sich selbst als Urheber dieses Satzes verwiesen, In: https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/87951.freiheit-durch-sozialismus.html, Stand vom 02. Februar 2021. [↩]
73 Rede von Außenminister Heiko Maas bei der 56. Münchner Sicherheitskonferenz, Auswärtiges Amt, 14.02.2020, In: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-muesiko/2306680, Stand vom 06. Februar 2020; Rede von Außenminister Heiko Maas beim Treffen des VN-Sicherheitsrates (Arria) anlässlich „75 Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges auf europäischem Boden – Lehren zur Verhinderung zukünftiger Gräueltaten und die Verantwortung des Sicherheitsrats“, Auswärtiges Amt, 08.05.2020, In: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/maas-vnsr-weltkriegsende/2339652, Stand vom 06. Februar 2020. [↩]
74 Vgl. Erving Goffman, Stigma. Über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität, Suhrkamp, Frankfurt/Main, 1975. [↩]
75 Vgl. Peter L. Berger, Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit, Fischer, Frankfurt/Main, 2016. Vgl. auch Frank Usarski, „Nihilierung“ als Strategie der Abwehr „neuer Religiosität“ – Zur Kritik an Pauschalisierungen im Kontext der bundesdeutschen „Sekten“-Debatte, in: Sibylle Fritsch-Oppermann (Hg.), Geist und die Geister, Loccumer Protokolle, Evangelische Akademie Loccum, 1997, S. 83-97. [↩]
76 Vgl. Aleida Assmann, Erinnerung als Erregung. Wendepunkte der deutschen Erinnerungsgeschichte, in: Geschichtsvergessenheit – Geschichtsversessenheit: vom Umgang mit deutschen Vergangenheiten nach 1945, in: Aleida Assmann, Ute Frevert (Hg.), Stuttgart 1999, S. 140 – 147. [↩]