Grundbegriffe
der Politischen Bildung

Teilnehmendenorientierung

Im Unterschied zu den Bildungsbereichen, bei denen es um eine Lernzielvorgabe geht (wie bei den Zertifikatsstufen des Fremdsprachenunterrichts), wird in Themengebieten, in denen die Teilnehmenden bereits durch Biografie und Sozialisation gewonnene Erfahrungen und  Wissen mitbringen, also auch in der politischen Bildung, kein standardisierter, curricular vorbestimmter „Stoff“ vermittelt. Ausgangspunkt ist die Lebenswelt der in den Veranstaltungen anwesenden Erwachsenen. Von hier aus werden Themen, Inhalte und Probleme gemeinsam mit den Kursleiter*innen und Teilnehmenden erschlossen. 

Die Orientierung an den Vorkenntnissen, Bedürfnissen und Erwartungen der Teilnehmenden ist sowohl konstitutiv als auch legitimierend für die Auswahl der Themen und Inhalte politischer Bildungsveranstaltungen. Der erwachsenenpädagogische Terminus ist Teilnehmendenorientierung (TO). 

Gemeint ist, „dass die Angebote der Erwachsenenbildung– ihre Kurse und Gesprächskreise – im Normalfall nicht von einer Sachsystematik bestimmt sind, sondern von den Voraussetzungen und Erwartungen, die mit den Veranstaltungen abgesprochen werden sollen“ (Hans Tietgens, in: Arnold/Nolda/Nuissl 2001, 305). Das entspricht den Vorstellungen von einer demokratischen und emanzipatorischen politischen Bildungsarbeit. 

Allerdings darf nicht der Eindruck erweckt werden, als sei TO gleichbedeutend mit einer willfährigen Akzeptanz aller Meinungen, Erklärungen und Gruppenprozesse der anwesenden Kurs- und Seminarteilnehmer*innen. Mitunter muss die Seminarleitung intervenieren, gegensteuern.  Hans Tietgens bezeichnete „Gegensteuerung“  als „eine Funktion erwachsenengerechter Gesprächsführung […] Danach ist es Aufgabe der Gesprächsführung […] Einseitigkeiten in der Diskussionsentwicklung zu verhindern. Die Korrektivfunktion bezieht sich nicht nur auf die Gewichtung der Inhalte und Meinungen. Gegensteuerung erscheint bei einer offenen Diskussion auch angebracht, um jeweils einen Ausgleich zu erreichen zwischen Eilfertigkeit und Beharrungstendenz, Vereinfachung und Komplizierung, Verallgemeinerung und Personalisierung. Es geht um ein Moderieren extremer Stimmungslagen oder um das Auflösen gegenseitiger Blockierungen, um ein Heranführen an sachgerechten Problemlösungen, ein Verhelfen zur Einsicht in Mehrdeutigkeit anstelle von monokausalen Erklärungen.“ (Tietgens 1999, 86) 

Weiterlesen:

  • Arnold, Rolf/Nolda, Sigrid/Nuissl, Ekkehard (Hrsg.): (2010) Wörterbuch Erwachsenenbildung, 2. überarbeitete Aufl., Bad Heilbrunn  
  • Tietgens, Hans (1999): Gegensteuerung, in: Hufer, Klaus-Peter (Hrsg.): Außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung, Band 2 des Lexikons der politischen Bildung, hrsg. Von Georg Weißeno, Schwalbach/Ts S. 86
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Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer

Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer ist Politik- und Bildungswissenschaftler und außerplanmäßiger Professor an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Er beschäftigt sich mit Geschichte, Theorie und Praxis der politischen Bildung sowie mit der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und -extremismus.

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Grundbegriffe der Politischen Bildung

Um Kontroversen, Positionen und Perspektiven in der Politischen Bildung einordnen zu können, braucht es Wissen um dahinterliegende Diskurse. Die Traditionslinien der Politischen Bildung schlagen sich dabei auch im Fachvokabular der Profession nieder. Die Begriffsprägungen zeigen somit Erkenntnisse, Konsense aber auch Konfliktlinien innerhalb des Fachdiskurses an. Der hierbei entstehende argumentative Dialog ringt dabei zugleich um Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam mit unseren Autor*innen aus der Politischen Bildung stellen wir an dieser Stelle Grundbegriffe der Politischen Bildung vor.

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