Grundbegriffe
der Politischen Bildung

Rassismuskritik

Rassismus ist ein Konstrukt, das soziale, politische und ökonomische Herrschaft und Unterdrückung von bestimmten Gruppen erklärt und rechtfertigt. Diese Gruppenbildung entsteht durch eine Zusammenfassung biologischer und/oder kultureller Merkmale (Hautfarbe/Religionszugehörigkeit) bei gleichzeitiger Zuschreibung kollektiver Eigenschaften (fleißig/faul; gewalttätig/friedfertig etc.). Die so als „Rassen“ ausgedachten Gruppen werden anschließend in ein System der Höher- bzw. Minderwertigkeit sortiert (siehe Rommelspacher 2011: 29).

Rassismuskritik ist demnach eine Perspektive, Haltung und Praxis, die sich gegen Rassismus richtet. Sie analysiert und kritisiert rassistische Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse sowie deren ideologische Legitimierung und strebt gesellschaftliche Veränderung an. Rassismuskritik im pädagogischen Kontext bezieht sich sowohl auf Inhalte und Formate von Bildungsangeboten wie auch auf die Organisationsentwicklung pädagogischer Einrichtungen.

In einer Gesellschaft, die sowohl von Pluralität als auch von Rassismus geprägt ist, wird rassismuskritische Bildungsarbeit als Möglichkeit gesehen, zu einer sozial gerechteren Gesellschaft beizutragen (siehe Scharathow 2011: 12). Die moderne Rassismuskritik weist darauf hin, dass Rassismus mehr ist als das Vorurteil Einzelner gegenüber bestimmten Gruppen und individuell falsches Denken und Handeln (siehe Gomolla 2011: 41). Vielmehr wird Rassismus als ein gesellschaftliches Phänomen verstanden, das Institutionen und Strukturen eingeschrieben ist. Rassismuskritische Bildung befasst sich darum nicht nur mit Rassismus, der sich in zwischenmenschlicher Interaktion äußert, sondern auch mit Rassismus auf institutioneller und struktureller Ebene der Gesellschaft. Rassismuskritische Bildung ist deshalb notwendig auch politische Bildung. Weiter zielt sie auf die Anregung von selbstkritischer Reflexion eigener Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsweisen. Denn rassismuskritische Bildung geht davon aus, dass jeder Mensch mehr oder weniger in eine von Rassismus geprägten Gesellschaft involviert ist und damit von rassistischen Diskursen und Praxen beeinflusst wird. Rassismuskritische Bildung kombiniert also die Aufklärung über rassistische Verhältnisse mit der Selbstaufklärung über die eigene Involviertheit. Eine rassismuskritische Perspektive in der Bildungsarbeit unterzieht auch das eigene pädagogische und institutionelle Handeln einer kritischen Selbstreflexion (siehe Machold 2011: 379).

Weiterlesen

  • Gomolla, Mechthild (2011): Intervention gegen Rassismus uns institutionelle Diskriminierung als Aufgabe pädagogischer Organisationen. In: Scharathow, Wiebke / Leiprecht, Rudolf (Hrsg.): Rassismuskritik Band 2: Rassismuskritische Bildungsarbeit. Schwalbach/Ts, S. 61-78
  • Machold, Claudia (2011): (Anti-)Rassismus kritisch (ge-)lesen. Verstrickung und Reproduktion als Herausforderung für die pädagogische Praxis. Eine diskurstheoretische Perspektive. In: Scharathow, Wiebke / Leiprecht, Rudolf (Hrsg.): Rassismuskritik Band 2: Rassismuskritische Bildungsarbeit. Schwalbach/Ts, S. 379-396
  • Rommelspacher, Birgit (2011): Was ist eigentlich Rassismus? In: Melter, Claus / Mecheril, Paul (Hrsg.): Rassismuskritik Band1: Rassismustheorie und -forschung. Schwalbach/Ts, S. 25-38
  • Scharathow, Wiebke (2011): Zwischen Verstrickung und Handlungsfähigkeit- Zur Komplexität rassismuskritischer Bildungsarbeit. In: Scharathow, Wiebke / Leiprecht, Rudolf (Hrsg.): Rassismuskritik Band 2: Rassismuskritische Bildungsarbeit. Schwalbach/Ts, S. 12-2
Transfer für Bildung e.V.

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Der Verein Transfer für Bildung e.V. setzt sich für die politische und kulturelle Bildung ein. Er fördert deren Beforschung, Beratung und Begleitung der Praxis und unterstützt den Dialog von Wissenschaft, Praxis und Politik in diesen Bereichen.

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Grundbegriffe der Politischen Bildung

Um Kontroversen, Positionen und Perspektiven in der Politischen Bildung einordnen zu können, braucht es Wissen um dahinterliegende Diskurse. Die Traditionslinien der Politischen Bildung schlagen sich dabei auch im Fachvokabular der Profession nieder. Die Begriffsprägungen zeigen somit Erkenntnisse, Konsense aber auch Konfliktlinien innerhalb des Fachdiskurses an. Der hierbei entstehende argumentative Dialog ringt dabei zugleich um Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam mit unseren Autor*innen aus der Politischen Bildung stellen wir an dieser Stelle Grundbegriffe der Politischen Bildung vor.

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