Grundbegriffe
der Politischen Bildung

Subjektorientierung

Das Subjekt spielt sowohl in der Psychologie als auch der Philosophie eine zentrale Rolle. Dort wird es beschrieben als „der Träger der Erlebnisse, Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gefühle, Bewußtseinsvorgänge und -inhalte, das Ich“ (Wörterbuch 2013, 637). Dieses Ich ist „Inbegriff der Erkenntnisfunktionen und Erkenntnisformen“. (ebd.) Der Phänomenologe Edmund Husserl (1859 – 1938) hat das „spezifische“ Subjekt mit „Person“ gleichgesetzt, es ist mit beurteilender Vernunft ausgestattet und „selbst-verantwortlich“ (Husserl, in:  Brasser 1999, 109).

Dem Subjekt gegenüber steht das Objekt. Objekte sind zu erkennende Gegenstände – doch sie beeinflussen auch Erkenntnisgehalt und -fähigkeit der Subjekte.

Es ist naheliegend, dass das so verstandene Subjekt eine große Bedeutung für Theorie und Praxis von Bildung, sowohl in der Jugend- als auch der Erwachsenenbildung hat. Denn ihre emanzipatorischen Maximen beziehen sich auf das aufgeklärte Subjekt. Es ist ein elementares Bildungsziel, diesem Subjekt im Prozess der Selbstaufklärung (nach Kant) Unterstützung anzubieten und darauf die pädagogischen Angebote zu orientieren.

Für die Erwachsenenbildung hat Erhard Meueler einen subjektorientierten Ansatz entwickelt. Nach seinem Verständnis „ist das Subjekt der ´Bildung` nicht ein unterrichtender Lehrer, eine Lehrerin, sondern der/die Einzelne selbst, der sich selbst bildet, ausbildet und damit die eigene individuelle oder kollektive Subjektentwicklung fördert“ (Meueler 2018, 1.387). Dem gegenüberstehen „die Ansprüche der sozialen Umwelt“ (ebd.) Die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt ist dialektisch, doch die emanzipatorische Kraft des Subjekts befähigt es, „objektive“ Blockaden zu überwinden. „Der Mensch wird als Zweiheit in der Einheit gesehen – Objekt und Subjekt zugleich, unterworfen und doch frei zugleich. […] Das Unterworfensein gegenüber der äußeren Natur (genetischen Vorgaben, Sterblichkeit), der inneren Natur (Triebängsten und Triebwünschen) und der sozialen Welt (Anpassungsdruck) ist und bleibt aber nicht total. Der Mensch widersetzt sich der bedrückenden Welt des Vorgegebenen. Er ist erkenntnis- und handlungsfähig. Die Freiheit, die er sich handelnd nimmt, ist Ergebnis seiner Selbstreflexivität und der sie bestimmenden Bildung.“ (ebd.)

Die adäquate Gesellschafts- und Staatsform für einen derartigen subjektorientierten Bildungsbegriff ist die Demokratie.

Wie dieser Ansatz auf die politische Bildung übertragen wird, hat Tonio Oeftering auf den Punkt gebracht: „Politische Bildung bedeutet für mich, Lernende dabei zu unterstützen, sich zu politischen Menschen zu entwickeln“ (Oeftering 2021, 104)

Weiterlesen:

  • Husserl; Edmund, in: Martin Brasser: Person. Philosophische Texte von der Antike bis zur Gegenwart, Stuttgart 1999, S. 109 – 113
  • Meueler, Erhard: Didaktik der Erwachsenenbildung/Weiterbildung als offener Prozess, in: Rudolf Tippelt/Anja von Hippel (Hrsg.): Handbuch der Erwachsenenbildung/Weiterbildung, Band 2 Wiesbaden 2018, S. 1.385 – 1,401
  • Oeftering, Tonio: „Politische Bildung bedeutet für mich, Lernende dabei zu unterstützen. Sich zu politischen Menschen zu entwickeln“, in: Klaus-Peter Hufer/Tonio Oeftering/Julia Oppermann (Hrsg.): Positionen der politischen Bildung 3, Interviews zur außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung, Frankfurt/M. 2021, S. 104 – 116
  • Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Hamburg 2013
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Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer

Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer ist Politik- und Bildungswissenschaftler und außerplanmäßiger Professor an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Er beschäftigt sich mit Geschichte, Theorie und Praxis der politischen Bildung sowie mit der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und -extremismus.

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Grundbegriffe der Politischen Bildung

Um Kontroversen, Positionen und Perspektiven in der Politischen Bildung einordnen zu können, braucht es Wissen um dahinterliegende Diskurse. Die Traditionslinien der Politischen Bildung schlagen sich dabei auch im Fachvokabular der Profession nieder. Die Begriffsprägungen zeigen somit Erkenntnisse, Konsense aber auch Konfliktlinien innerhalb des Fachdiskurses an. Der hierbei entstehende argumentative Dialog ringt dabei zugleich um Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam mit unseren Autor*innen aus der Politischen Bildung stellen wir an dieser Stelle Grundbegriffe der Politischen Bildung vor.

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