Grundbegriffe
der Politischen Bildung

Alltags- und Lebensweltorientierung

Alltags- bzw. Lebensweltorientierung ist ein didaktisches Prinzip der politischen Erwachsenenbildung. Es meint, Ausgangspunkt, Inhalt und Ziel der Veranstaltungen sollte das sein, was die Adressat*innen und Teilnehmer*innen in ihrem alltäglichen Leben erfahren und bewegt.

Peter L. Berger und Thomas Luckmann bieten eine theoretische Begründung: „Unter den vielen Wirklichkeiten gibt es eine, die sich als Wirklichkeit par excellence darstellt. Das ist die Wirklichkeit der Alltagswelt. Ihre Vorrangstellung berechtigt dazu, sie als die oberste Wirklichkeit zu bezeichnen“ (Berger/Luckmann 1994, 24). Sie ist „der Punkt von dem aus ich die Welt wahrnehme“ (ebd., 25), an ihr ist der Mensch „intensiv interessiert“ (ebd.). Diese Ausgangslage konstituiert auch individuelle Bilder von Gesellschaft und Politik.

Der „Lebenswelt“ gegenübergestellt ist das „System“, welches nach Jürgen Habermas durch Wirtschaft und Staat (mit Verwaltung und Recht) geformt wird, die Lebenswelt dagegen ist durch Privatsphäre und Öffentlichkeit geprägt. (Habermas 1981) Über Geld und Macht werden die „symbolischen Strukturen der Lebenswelt […] verformt, d.h. verdinglicht“ (ebd., 420). Ulrich Beck hat für die (nach-)moderne Gesellschaft eine „Entgrenzung“ und „Entörtlichung“ von Politik (Beck, 1986, 311) festgestellt. Politik ist in die Lebens- und Alltagswelt eingewandert.

Lebenswelt und Alltag einer-, System, Recht und Wirtschaft andererseits sind Antagonismen. Denn fixierte Lebenswelt- und Alltagserfahrungen können diskursiven Verfahren einer öffentlichen Verständigung widersprechen. Interventionen durch Staat und Recht sollten zwar eine rationale Funktion haben, doch sie konstituieren auch Macht und Herrschaft. Die Aufgabe von politischer Bildung ist, zwischen System und Alltags- und Lebenswelt zu vermitteln und die jeweiligen Logiken und Interessen transparent zu machen. 

Weiterlesen:

  • Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt/M.
  • Berger, Peter/Luckmann, Thomas (1994): Die gesellschaftliche Konstruktion von Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt/M.
  • Habermas, Jürgen (1981): Theorie des kommunikativen Handelns, Bd. 2, Frankfurt/M.
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Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer

Prof. Dr. Klaus-Peter Hufer ist Politik- und Bildungswissenschaftler und außerplanmäßiger Professor an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Duisburg-Essen. Er beschäftigt sich mit Geschichte, Theorie und Praxis der politischen Bildung sowie mit der Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und -extremismus.

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Grundbegriffe der Politischen Bildung

Um Kontroversen, Positionen und Perspektiven in der Politischen Bildung einordnen zu können, braucht es Wissen um dahinterliegende Diskurse. Die Traditionslinien der Politischen Bildung schlagen sich dabei auch im Fachvokabular der Profession nieder. Die Begriffsprägungen zeigen somit Erkenntnisse, Konsense aber auch Konfliktlinien innerhalb des Fachdiskurses an. Der hierbei entstehende argumentative Dialog ringt dabei zugleich um Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Gemeinsam mit unseren Autor*innen aus der Politischen Bildung stellen wir an dieser Stelle Grundbegriffe der Politischen Bildung vor.

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