Digitale Praxis
der Politischen Bildung

Der Rote Faden Kurznachrichten der Friedrich-Ebert-Stiftung via Messaging App

Täglich. Kompakt. Politisch – seit November 2019 verschickt die Friedrich-Ebert-Stiftung werktäglich Kurznachrichten zu relevanten politischen Debatten & wichtigen Jahrestagen über die Apps Telegram und Threema (www.fes.de/der-rote-faden). In dem vorliegenden Beitrag werden Einzelheiten zu dem Projekt vor dem Kontext sich verändernder Alltagskommunikation erläutert.

Die Verbreitung des Internets und insbesondere dessen Nutzung über mobile Endgeräte haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Damit einhergehend ändern sich auch die Kommunikationsmöglichkeiten und -muster. Klassische Telekommunikationsdienste, wie Telefonie und Kurznachrichten (SMS), wurden und werden zunehmend durch Messaging-Apps bzw. Internettelefonie ersetzt. Diese sog. „over-the-top“(OTT) – d. h. nicht an Festnetz- oder Mobilfunkanschluss gebundenen – Kommunikationsdienste bieten dabei neue und vielfältige Möglichkeiten des gegenseitigen Austauschs.

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Laut Umfrage der Bundesnetzagentur nutzen etwa 83 Prozent der Deutschen Messaging-Dienste1. Bekanntestes Beispiel – die Messaging-App WhatsApp. In Deutschland nutzen den Dienst ca. 58 Mio. Personen täglich. Die App Telegram kommt auf ca. 8 Mio. tägliche Nutzer*innen. Dabei läuft nicht nur die private Kommunikation über WhatsApp, Telegram oder vergleichbare Messaging-Dienste: Miteinander kommunizieren, sich informieren, einkaufen – die auf dem Gerät verfügbaren Messaging-Apps werden oft für mehre Kommunikationszwecke genutzt. In Deutschland noch recht wenig verbreitet, können Nutzer*innen in Brasilien WhatsApp beispielsweise bereits dazu nutzen, Einkäufe zu tätigen. Dank in der App hinterlegter Warenkataloge und unternehmenseigenen Bezahldienst müssen die Nutzer*innen nicht einmal die „WhatsApp-Umgebung“ verlassen. Immens zugenommen hat auch eine Vielzahl öffentlicher beziehungsweise teilöffentlicher Informationsangebote über Chat-Gruppen oder automatisiert verschickte Messaging-Kanäle.

"Messenger-Apps wie WhatsApp sind nicht nur erste Wahl für die private Kommunikation in Krisenzeiten, sondern werden auch als Informationskanal genutzt."

Lukas Meyer-Schwickerath

Corona-Informationen via Messaging-App

So zeigen von YouGov erhobene Daten zur Nutzung von Messenger-Apps in der Corona-Krise: Messenger-Apps wie WhatsApp sind nicht nur erste Wahl für die private Kommunikation in Krisenzeiten, sondern werden auch als Informationskanal genutzt und zunehmend gefragt: Ein Viertel der Befragten wünscht sich demnach, Informationen zu Corona über Messenger Apps zu erhalten2.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat mit einem entsprechenden Telegram-Infokanal reagiert sowie einen WhatsApp-Chatbot eingerichtet. Auch die Weltgesundheitsorganisation beantwortet mit einem Chatbot die häufigsten weltweit auftretenden Fragen zur Pandemie.

Aber bereits vor der Krise haben viele Verlage und Zeitungen auf die steigende Nachfrage nach kurzen Informationen und die sich ändernden Kommunikationsgewohnheiten reagiert: Tagesschau, die Süddeutsche Zeitung und Co. verschicken Nachrichtenartikel und News-Updates in Kurzformat über Messenger-Apps wie Telegram (WhatsApp unterstützt diese Funktion seit Ende 2019 nicht mehr). Ähnlich wie bei einem E-Mail-Newsletter erhalten die User*innen nach einmaliger Registrierung entsprechende automatisiert verschickte Informationen.

Messaging-Apps in der politischen Bildung

Auch in der politischen Bildung haben Angebote, die auf Messaging-Diensten basieren, Einzug erhalten. Im Jahr 2017, kurz vor der Bundestagswahl, startete die Bundeszentrale für Politische Bildung ihre Tägliche Dosis Politik via WhatsApp.

In dem preisgekrönten Projekt „Ich, Eisner!“ des Bayrischen Rundfunks erzählte Kurt Eisner die Geschichte seiner Revolution von 1918 in kurzen Messenger-Nachrichten. Über 15.000 Nutzer*innen bekamen so über vier Monate täglich einen Teil der Geschichte des Revolutionsführers und späteren bayrischen Ministerpräsidenten zugeschickt.

Täglich. Kompakt. Politisch – „der rote Faden“ der Friedrich-Ebert-Stiftung

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat im November 2019 das Projekt der roten Faden gestartet. Der rote Faden ist ein öffentlicher Kurznachrichten-Kanal basierend auf den Messaging-Apps Telegram und Threema. Montags bis Freitag verschickt die FES darüber eine kompakte politische Informations- bzw. Erklärnachricht auf die Handys der Nutzer*innen. In der Nachricht werden die wichtigsten Informationen und Argumente zu einem aktuellen politischen Sachverhalt, einer Studie oder einem historischen Ereignis in etwa 700 Zeichen gebündelt.

Friedrich-Ebert-Stiftung: Der Rote Faden
Friedrich-Ebert-Stiftung: Der Rote Faden

Die Kurznachricht transportiert die zentralen Informationen zu dem jeweiligen Sachverhalt. Bei tiefergehendem Interesse können die Nutzer*innen aber weitere Informationen via Link abrufen oder im Chat anfordern – letzteres ermöglicht eine Chatbot-Funktion: Zusatzinformationen werden von der Redaktion hinterlegt und können bei Bedarf per in der Nachricht mitgeteiltem Stichwort von den Usern angefragt werden. Dies wird v. a. dazu genutzt, Begriffe und Konzepte zu erklären oder einen weiteren Aspekt zu dem Thema der Nachricht zu vertiefen. Auch multimediale Inhalte, wie z. B. Grafiken oder Erklärfilme können auf diese Weise durch die Redaktion vorbereitet und bei Bedarf von den Nutzer*innen angefordert werden. Der Vorteil gegenüber Verlinkungen: Die Nutzer*innen bleiben in der Umgebung der App und müssen nicht in einer neuen (Website-) Umgebung zum gewünschten Inhalt navigieren.

Der Klick auf den Link oder das Anfordern der Zusatzinformation durch die Leser*innen ist nicht primäres Ziel der Nachricht. Vor allem dient die Nachricht der Informationsvermittlung, um bei einem Gespräch oder einer Diskussion zum Thema die drei wichtigsten Argumente zu kennen, einen oft übersehenen Aspekt nennen oder auf einen besonderen Kritikpunkt hinweisen zu können.

"Vor allem dient die Nachricht der Informationsvermittlung, um bei einem Gespräch oder einer Diskussion zum Thema die drei wichtigsten Argumente zu kennen, einen oft übersehenen Aspekt nennen oder auf einen besonderen Kritikpunkt hinweisen zu können"

Lukas Meyer-Schwickerath

Ein Beispiel: Die Spitzen der Regierungskoalition in Berlin beraten zur Grundrente. Die Leser*innen bekommen am Abend zuvor eine kurze Nachricht mit den wichtigsten Infos, wo die Debatte steht und drei zentralen Argumenten der Befürworter*innen. In einer automatisierten Antwort kann ein Teilaspekt genauer erläutert werden, bspw. wie die Finanzierung genau aussehen soll, wer (nicht) davon profitieren wird, welche Alternativen der Sozialstaat noch kennt oder ein Best-Practice-Beispiel aus einem anderen Land.

Die Zielgruppen sind vor allem politisch Interessierte und Engagierte, Multiplikator*innen, aber auch politische Bildner*innen. Anders als bei verschiedenen Social Media-Kanälen, die auf Interaktionen (Kommentare, Likes etc.) abzielen, geht es – wie erwähnt – um die kompakte Vermittlung von Informationen verbunden mit einer „Einladung“ das Thema zu vertiefen. Dennoch bietet der Chat auch die Möglichkeit, unkompliziert Rückmeldungen oder Fragen an die FES zu schicken.

Die Redaktion ist in der Bildungsabteilung Politische Akademie der FES in Bonn angesiedelt. Inhaltlich werden die Nachrichten jedoch eng mit den zuständigen Fachkolleg*innen in Bonn, Berlin, den Landes- oder Auslandsbüros abgestimmt. Durch das breite Stiftungsnetzwerk und die Einbindung der der jeweiligen Kolleg*innen ist es möglich, auch zu aktuellen außenpolitischen oder komplexeren innenpolitischen Debatten relativ kurzfristig Expertise einholen zu können.

Screenshot vom "Roten Faden"
Screenshot vom "Roten Faden"
Lukas Meyer-Schwickerath

Lukas Meyer-Schwickerath

Lukas Meyer-Schwickerath arbeitet seit Mai 2019 als Referent in der Akademie für Soziale Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. Er ist hauptverantwortlicher Redakteur des roten Fadens und hat das Projekt im Jahr 2019 maßgeblich mit auf den Weg gebracht. Zuvor war er für die FES in der Abteilung Internationale Entwicklungszusammenarbeit in Berlin tätig.

Kontakt: Lukas.meyer-schwickerath[at]fes.de

1 vgl. Bundesnetzagentur (2020): Nutzung von OTT-Kommunikationsdiensten in Deutschland. Bericht 2020. https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Mediathek/Berichte/2020/OTT.pdf;jsessionid=72DCCC86ED8F9E79BAD42E801AFE1683?__blob=publicationFile&v=2 (16.8.2020) []

2 vgl. Kremming, Katharina (2020): Messenger Apps sind beliebtester Kommunikationskanal in der Krise. Pressemitteilung. MessengerPeople. https://www.messengerpeople.com/de/yougov-umfrage-nutzung-messenger-krise/ (12.8.2020) []

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