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WIE GEHT GUTE POLITISCHE BILDUNG?
Bildung für nachhaltige Entwicklung, Globales Lernen und politische Bildung
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) ist ein Konzept das sich bereits seit den 1990er Jahren entwickelt hat und aktuell verstärkte Wahrnehmung erfährt. Es vereint Bildungstraditionen der Umweltbildung und des Globalen Lernens. Letzteres ist ein Ansatz, der insbesondere den Nord-Süd-Konflikt und die damit gekennzeichneten globalen und sozialen Ungleichheiten thematisiert. Globales Lernen ist also ein besonders akzentuierter Zugang zur BNE, die eine ökologisch-soziale gesellschaftliche Transformation unterstützt. Prof. Bernd Overwien erläutert die Zusammenhänge und zeigt die Bedeutung für die Politische Bildung auf.
Aktualitätsbezug
Die Klimakrise, die weltweiten Fluchtbewegungen und nun der Umgang mit einer globalen Pandemie, werfen Fragen nach adäquatem politischen Handeln auf, aber auch nach neuen Formen des Wirtschaftens und auch danach, wie Bildung die dazu notwendigen Denk- und Handlungsprozesse unterstützen kann.
→ Inhalt
Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen in der nonformalen Bildung
BNE und Globales Lernen beziehen sich (u.a.) auf einen Begriff von Nachhaltigkeit, wie er während der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 geprägt wurde: Es geht um „eine Entwicklung, (ist) die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können6. In der Agenda 21 wurden damals die Elemente eines notwendigen Wandels ausdifferenziert und verdeutlicht, dass formale, nonformale und informelle Bildung wichtige Beiträge auf dem Weg dorthin leisten sollen. Als Konsequenz daraus wird der Erwerb von Gestaltungskompetenz in der deutschen BNE als zentrales Ziel benannt. Dabei geht es um die Fähigkeit Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden zu können und auch in kritischer Weise Probleme nicht-nachhaltiger Entwicklung im Bereich Ökonomie, Ökologie und Soziales zu erkennen. Der notwendige Erwerb der Fähigkeit zur politischen Partizipation wird hierbei besonders betont7. Nach der UN-Dekade BNE (2004-2014) und dem UNESCO-Weltaktionsprogramm BNE (2015-2019) soll jetzt mit der Agenda 2030 und den SDGs mehr Schub in entsprechende Bildungsprozesse gebracht werden8."Es geht um die Fähigkeit, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden zu können und auch in kritischer Weise Probleme nicht-nachhaltiger Entwicklung im Bereich Ökonomie, Ökologie und Soziales zu erkennen."
Prof. Bernd Overwien
Anforderungen an BNE in der nonformalen Bildung – ein Ausblick
"Komplexität, Widerstände, Dilemmata sowie bestehende (bzw. sich im Transformationsprozess ergebene) Konflikte sollen nicht Ohnmacht auslösen.."
Prof. Bernd Overwien
„… wir müssen lernen, mit der Angst zu leben, nicht gegen sie. (…) wir müssen eine neue Qualität im Umgang mit der Angst entwickeln. es geht darum, Strategien zu finden, die es uns ermöglichen, die Balance zu halten zwischen angst und sorge einerseits und Tatkraft und Handlungsfähigkeit andererseits.“16
Auch dazu kann nonformale Bildung als politische Bildung, aber auch mit integrierter politischer Bildung in andere Arbeitsfelder einen wichtigen Beitrag leisten, gehört auch der reflektierte Umgang mit eigenen Befindlichkeiten und deren gesellschaftlichen Ursachen zum Grundbestand einer an den Teilnehmenden orientierten Bildung.Prof. Dr. Bernd Overwien
Ehemalige Leitung des Fachgebiets "Didaktik der politischen Bildung" an der Universität Kassel
1 Siehe WBGU (2019): Unsere gemeinsame digitale Zukunft. Berlin, siehe: https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/unsere-gemeinsame-digitale-zukunft#sektion-downloads (23.08.2020) sowie WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) (2011): Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation. Hauptgutachten, Berlin. [↩]
2 Umweltbundesamt (2018): Gesellschaftliches Wohlergehen innerhalb planetarer Grenzen Der Ansatz einer vorsorgeorientierten Postwachstumsposition. Texte 89. Dessau. [↩]
3 Brand, Ulrich; Wissen, Markus (2017): Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. Oekom-Verlag München. [↩]
4 Keil, Andreas (2019): Agenda 2030 und BNE. Hintergründe, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für das Fach Geographie. In: Praxis Geographie 6/2019: S. 4-9. [↩]
5 vgl. Overwien, Bernd (2016): Globales Lernen und politische Bildung – eine schwierige Beziehung? In: ZEP (Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik) Heft 2, S. 7-11 https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&id_artikel=ART101989&uid=frei (2.9.2020) [↩]
6 Hauff, Volker (1987): Unsere gemeinsame Zukunft – Der Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung. Greven, S.: 46. [↩]
7 de Haan, Gerhard/Harenberg, Dorothee (1999): Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Gutachten zum Programm. Heft 72. BLK (Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung). Bonn. [↩]
8 Overwien, Bernd (2020): Bildung für nachhaltige Entwicklung und globales Lernen. In: Bade, Gesine; Henkel, Nicholas; Reef, Bernd: Politische Bildung: Vielfältig – kontrovers – global. Festschrift für Bernd Overwien. Frankfurt, S. 230-247. [↩]
9 KMK/BMZ (2016): Orientierungsrahmen für den Lernbereich Globale Entwicklung im Rahmen einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. 2., aktual. und erw. Aufl., Berlin: Cornelsen. [↩]
10 Lang-Wojtasik (2020): Bildung und/oder nachhaltiges Lernen? Erziehungswissenschaftliche Überlegungen für Global Citizenship Education. In: Bade, Gesine; Henkel, Nicholas; Reef, Bernd: Politische Bildung: Vielfältig – kontrovers – global. Festschrift für Bernd Overwien. Frankfurt, S. 181-203 [↩]
11 Overwien, Bernd (2013): Informelles Lernen in politischer Aktion und in sozialen Bewegungen. In: Außerschulische Bildung, Zeitschrift des Arbeitskreises außerschulischer Bildungsstätten, Heft 3, S.247-255. [↩]
12 Michelsen, Gerd; Rode, Horst; Wendler, Maya; Bittner, Alexander (2013): Außerschulische Bildung für nachhaltige Entwicklung eine Bestandsaufnahme am Beginn des 21. Jahrhunderts. München. [↩]
13 WBGU (Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen) (2011): Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation. Hauptgutachten, Berlin. [↩]
14 Albert, Mathias; Hurrelmann, Klaus; Quenzel, Gudrun (2019): Jugend 2019. Weinheim u.a. [↩]
15 Overwien, Bernd (2019): Umwelt, Klimawandel, Globalisierung – Ängste in der politischen Bildung. In: Besand, Anja; Overwien, Bernd; Zorn, Peter (Hrsg.): Politische Bildung mit Gefühl. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 305-318. [↩]
16 Preuss, Sigrun (1992): Umweltkrise- Bewältigungskrise. In: Marahrens, Walter ; Stuik, Hans (Hrsg.): Und sie dreht sich doch…“ Umgehen (mit) der Endzeitstimmung. Gesellschaftliche und pädagogische Konzepte gegen die Resignation. Mühlheim/Ruhr, S. 20-26. [↩]